An der Weihnachtsfeier 2008 wurde mir das Hörbuch Die Chemie des Todes zugewichtelt. Bis dahin waren mir weder der Buchtitel noch der Autor Simon Beckett ein Begriff. Dabei war Die Chemie des Todes zu diesem Zeitpunkt schon zwei Jahre alt und auch Kalte Asche lag schon lange in den Buchhandlungen. Kurz nachdem ich Die Chemie des Todes gehört hatte, wurde ich von Danny auf die Lesung aufmerksam gemacht.
Das Drumherum
Es war der 19.03.2009, ein Donnerstag. Die Lesung fand in der Mayersche-Droste statt zwischen den Schadow-Arkaden und der Königsallee in Düsseldorf und begann um 20:15. Während die Geschäfte drumherum und auch die Buchhandlung gerade schlossen, begaben wir uns in die vierte Etage der Buchhandlung. Danny war so nett und hat uns bei freier Platzwahl zwei Sitzplätze frei gehalten. Von meinem Fensterplatz hatte ich einen schönen Ausblick auf die abendliche Kö, der mich aber die nächsten zwei Stunden nicht mehr interessierten sollte.
Ich war überrascht, doch so viele Besucher vorzufinden. Eine Lesung mit Markus Heitz im Januar 2009 in Neuss war nur sehr überschaubar besucht. Da ich die Leute bei Simon Beckett nicht gezählt habe, kann ich nur mit einem kleinen Vergleich dienen: Die Schlange für die Signierung reichte von der Kasse im Erdgeschoss einmal im Bogen an den Regalen entlang hinter der Rolltreppe vorbei bis fast an den Eingang. Die Wartezeit hätte vermutlich deutlich über einer halben Stunde gelegen, was ich mir dann auch nicht mehr zumuten wollte. Aber ich greife vor…
Die Lesung
Relativ pünktlich betraten drei Personen das Podest. Nach einer kurzen Begrüßung durch eine Mitarbeiterin der Mayerschen wurden diese als Ingrid Müller-Münch, Simon Beckett und Frederick Leberle vorgestellt. Frau Müller-Münch sollte als Moderatorin durch die Veranstaltung führen, Simon Becketts Anwesenheit war selbstverständlich und Schauspieler Frederick Leberle (O-Ton Müller-Münch: “aus Krefeld-Mönchengladbach”) sollte für den deutschen Teil der Lesung sorgen.
Nachdem mehrere Schwächeanfälle der Mikrofonhalterung bereits für Erheiterung und Auflockerung der Atmosphäre gesorgt hatten, informierte Frau Müller-Münch über den Verlauf des Abends: Simon Beckett werde vorlesen, Frederick Leberle werde vorlesen und dazwischen werde sie immer wieder Fragen an Herrn Beckett stellen.
Da Simon Beckett der deutschen Sprache nicht mächtig ist, werden die Fragen und Antworten wohl übersetzt werden. Dachte ich. Nicht dass ich Probleme mit der englischen Sprache hätte, aber nicht jeder spricht Englisch. Die Frage der Moderatorin, ob eine Übersetzung wirklich notwendig sei, war wohl mehr eine Suggestivfrage, denn ein paar Stimmen übertönten mit „OHNE!“ die anderen, die noch unschlüssig waren oder ihre Englisch(un)kenntnisse nicht zu offenbaren trauten.
Demokratie ist also, wer am lautesten schreit. Und darum trotzdem hat Frau Müller-Münch beschlossen, wenigstens eine kurze Zusammenfassung der Antworten zu geben.
Sehr interessant ist bei einem Interview folgende Vorgehensweise: Die Moderatorin erklärt für das Publikum auf Deutsch ein bisschen um ein Thema herum und führt mehr oder weniger schnell zu einer konkreten Frage hin, die sie dann auf Englisch an Simon Beckett richtet. Ich hoffe für ihn, dass die Fragen im Vorfeld mit ihm abgesprochen waren, denn ich an seiner Stelle wäre mir etwas veralbert vorgekommen. Erzählt die Frau neben ihm doch eine Weile auf Deutsch, um ihn dann kurz vorm Einschlummern mit einer englischen Frage aufzurütteln. Man muss Herrn Beckett zu gute halten, dass er sich nichts anmerken ließ. Ich jedenfalls hätte mit mir und meiner Aufmerksamkeit zu kämpfen gehabt.
Becketts Englisch war gut verständlich und seinen Anworten konnte man gut folgen. Die anschließende “Übersetzung” durch Frau Müller-Münch war oft sehr frei und auch stark zusammengefasst. Manchmal wurde die Übersetzung aber auch ganz unterschlagen. Es gab auch zwei Momente, in denen ich mich gewundert habe, denn die Übersetzung passte so gar nicht zur Antwort Simon Becketts.
Diese Art des Interviews zog sich durch die ganze Lesung hindurch, wurde aber drei Mal unterbrochen durch das Lesen aus den Büchern.
Simon Beckett las jeweils den Anfang von The Chemistry of Death (deutscher Titel: Die Chemie des Todes) und Written in Bone (deutscher Titel: Kalte Asche). Beim Lesen war Becketts Englisch etwas schwerer zu verstehen als wenn er frei sprach, was ich mir aber nicht so ganz erklären kann.
Frederick Leberle las aus Leichenblässe (englischer Titel: Whispers of the Dead). Seine Stimme war faszinierend und schlug in seinen Bann. Leider las er nur dieses eine Mal, auch wenn das erste Kapitel zugegebenermaßen sehr lang ist.
Nach den Leseabschnitten und den Interviewfragen blieb für die Besucher leider keine Möglichkeit, eigene Fragen zu stellen und die Veranstaltung wurde nach knapp zwei Stunden mit dem Hinweis auf den Signierplatz im Erdgeschoss beendet.
Neben der Kasse lag auch schon das “neue” Buch Obsession (englischer Titel: Obsession) zum Verkauf aus. Obsession ist allerdings kein David-Hunter-Buch und wurde außerdem bereits 1998 im englischen Original veröffentlicht.
Im Kielwasser von Obsession wird im Oktober 2009 Flammenbrut (englischer Titel: Where There’s Smoke) in den Verkauf kommen, das ebenfalls schon 1998 unter dem deutschen Titel Das Kind des Prometheus zu haben war und daher ebenfalls ohne David Hunter spielt.
Und die Moral…
Nur eine, wenn auch sehr lange deutsche Passage ist für eine deutsche Lesung fast schon zu wenig. Frederick Leberle jedoch war für den deutschen Part stimmlich die richtige Besetzung.
Die Veranstaltung in dieser Form ist nur bedingt empfehlenswert. Englische Sprachkenntnisse waren eine Voraussetzung, die man vorher hätte ankündigen können.
Würde ich wieder hingehen? Ja, wenn jemand anderes die Moderation übernimmt. Dann wird es auf jeden Fall besser werden, obwohl diese Lesung inhaltlich schon nicht schlecht war.