Das Schachspiel geht weiter: Bauernopfer, weit im Voraus geplante Züge. Das Licht spielt gegen das Dunkel und die Inquisition ist der Schiedsrichter.
In Wächter des Tages setzt sich die Erzählung der Anderen fort. Auch dieses Buch gliedert sich in drei Geschichten, die zwar in sich abgeschlossen sind, inhaltlich aber miteinander verknüpft sind und aufeinander aufbauen.
Die erste Episode erzählt von der Dunklen Hexe Alissa, die sich bei einem Einsatz völlig verausgabt und zur Erholung in Urlaub geschickt wird. Dass dieser Urlaub von ihrem Chef und ehemaligen Geliebten Sebulon vorausgeplant ist, sollte nach der Lektüre von Wächter der Nacht klar sein.
In der zweiten Geschichte geht es um einen Dunklen Magier, der plötzlich auftaucht und unter Gedächtnisverlust leidet. Er wird ständig stärker und das Gleichgewicht der Kräfte droht sich zu verschieben.
Wächter des Tages wird durch die dritte Geschichte abgeschlossen, die sich um das Tribunal der Inquisition dreht, in dem über die Geschehnisse aus den ersten beiden Geschichten verhandelt werden soll.
Das Reizvolle an der ersten Episode ist die Ich-Erzählung aus Alissas Sicht. Die Charaktere sind mindestens namentlich aus dem ersten Band bekannt und man erkennt die Mitwirkenden auf Anhieb wieder, obwohl man sich – und das ist das Verwirrende daran – plötzlich „auf der anderen Seite“ befindet. Während die Sympathien im ersten Teil noch eindeutig auf auf Seite der Lichten lagen, stellt man während Alissas Geschichte erstaunt fest, dass die Dunklen gar nicht so böse sind, wie es die Lichten einem weis machen möchten. Und die Lichten sind umgekehrt natürlich auch nicht so gut, wie sie sich selbst darstellen.
Das klassische Weiß und Schwarz wurde bereits im ersten Band als Graustufen dargestellt. Die Schilderungen in Wächter des Tages ergänzen die Darstellung noch, wodurch die Sympathien nicht mehr ganz allgemein bei den Lichten oder den Dunklen liegen, sondern mehr zu den einzelnen Charakteren hin verschoben werden.
Wächter des Tages hinterlässt einen Eindruck, der nicht ganz an seinen Vorgänger heranreicht, diesen aber wunderbar ergänzt und das von Sergej Lukianenko gezeichnete Bild mit weiteren Details und anderen Blickwinkeln ausstattet. Theoretisch lässt sich dieses Buch auch ohne seinen Vorgänger lesen, aber alleine schon der Stimmung wegen sollte man bei den Wächtern ganz vorne anfangen.
Prädikat: Kein Buchtipp, sondern eher eine notwendige Ergänzung zu Wächter der Nacht. Wem die Geschichten der Nachtwache gefielen, kann hier bedenkenlos zugreifen.
Technische Daten:
Autor: Sergej Lukianenko
Titel: Wächter des Tages
Originaltitel: Дневной Дозор – Dnevnoi Dozor
ISBN-10: 3453532007
ISBN-13: 978-3453532007
Umfang: 526 Seiten