Sergej Lukianenko – Wächter des Zwielichts

Ich weiß nicht, wie Sergej Lukianenko das macht: Obwohl Wächter des Zwielichts mein drittes Wächter-Buch ist, konnte er mich immer noch überraschen und ich habe mehr als einmal geschmunzelt und „Du gerissener Hund!“ gedacht. Auf geht’s in eine neue Runde in der Welt der Anderen.

Um es gleich vorweg zu nehmen: Es ist nicht sonderlich sinnvoll, Wächter des Zwielichts ohne seine beiden Vorgänger zu lesen. Zuviel ist bisher passiert, das irgendwo erwähnt wird, zuviele Personen spielen mit. Es mag als Einzelbuch vielleicht trotzdem funktionieren, aber es die Entwicklung der Geschichte und Personen über die drei bisherigen Bände hinweg.

Wie seine beiden Vorgänger wird auch Wächter des Zwielichts in drei Episoden erzählt. Diese Episoden folgen zeitlich unmittelbar aufeinander, während in den anderen Bänden kleine Zeitsprünge vollzogen wurden.

Drei Jahre nach den Geschehnissen in Wächter des Tages werden wir in der ersten Geschichte Zeuge, wie ein Mensch einen Anderen erpresst, ihn ebenfalls in einen Anderen zu verwandeln. Zur Erläuterung: Bisher lauten die Gesetze in Lukianenkos Welt, dass man entweder ein Mensch oder ein Anderer ist. Menschen, die ihre Fähigkeit, ins Zwielicht zu treten, noch nicht entdeckt haben, sind potenziell Andere. Einen Menschen in einen anderen zu verwandeln, sei unmöglich. Durch ein anonymes Schreiben wird die Nachtwache von der Erpressung in Kenntnis gesetzt und Geser, der Leiter der Nachtwache, beauftragt Anton Gorodezki, die Ermittlungen für die Nachtwache zu übernehmen. Wir folgen den Ermittlungen aus Antons Sicht und ziehen zusammen mit ihm Undercover in einen Mietshaus einzuziehen, in dem auch der menschliche Erpresser vermutet wird.
Das gleiche anonyme Schreiben wurde auch der Tagwache und der Inquisition zugestellt, die ihrerseits ebenfalls Ermittlungen aufnehmen.

Um sich etwas von den Ermittlungen zu erholen, fährt Anton in der zweiten Episode zu Swetlana und der gemeinsamen Tochter ins Moskauer Umland in Urlaub. Swetlana hat den Dienst in der Nachtwache nach dem Ende von Wächter des Tages quittiert und widmet sich der Erziehung ihrer Tochter. Als Anton Gerüchte über einen Werwolf und eine Hexe, die in der Gegend ihr Unwesen treiben sollen, zu Ohren kommen, stellt er Nachforschungen an.

Im Hab und Gut der Hexe wird das Buch Fuaran gefunden, von dem alle glauben, es handle sich dabei nur eine Sage. Das Buch existiert jedoch tatsächlich, wird jedoch gestohlen. Was in der ersten Episode nur vermutet wird, wird zur Gewissheit: Es ist möglich, aus jedem beliebigen Menschen einen Anderen zu machen. Denn die Beschreibung dieses Vorgangs findet sich im Fuaran und macht es so gefährlich. Was würde passieren, wenn es keine Menschen mehr gibt, sondern nur noch Andere?

Durch die fehlenden Zeitsprünge liest sich das Buch flüssiger als die Episodensammlung in Wächter des Tages. Aber auch die Erzählung erfolgt wieder wie in Wächter der Nacht aus Antons Sicht. Die Schilderung der Gefühle und die gelegentlichen philosophischen Anspielungen liegen auf dem gleichen Niveau wie in Wächter der Nacht.

Einen einzigen Kritikpunkt habe ich jedoch an Wächter des Zwielichts: Nach der letzten Seite bleiben immer noch fast 4 Monate bis zur Erscheinung von Wächter der Ewigkeit im Mai. 😉

Prädikat: Auf Augenhöhe mit Wächter der Nacht, wenn nicht sogar noch eine Spur besser.

Technische Daten:

Autor: Sergej Lukianenko
Titel: Wächter des Zwielichts
Originaltitel: Сумеречный Дозор – Sumerechnij Dozor
ISBN-10: 3453531981
ISBN-13: 978-3453531987
Umfang: 479 Seiten