Wer denkt sich denn diese Titel aus?

Manchmal frage ich mich, wer bei den Verlagen für Rückentexte und Titel zuständig ist. Während ich bei manchen Buchbeschreibungen den Eindruck habe, der Verfasser habe das vorliegende Buch entweder gar nicht oder höchstens quer gelesen, verstehe ich Titelvergabe immer öfter gar nicht mehr.

Dass manche Titel nicht vernünftig ins Deutsche zu übersetzen sind, weil sie z.B. Wortspiele enthalten, sehe ich ein. Terry Pratchett ist ein solcher Kandidat und im L-Space-Web pflegt Uwe Milde eine Titelübersetzungsgegenüberstellung.

Hier ein unvollständiger Vergleich zwischen Originaltiteln und deutschen Titeln, die mir aufgestoßen sind:

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Ein Autor vergibt seine Buchtitel mit Absicht, nehme ich an, und nur die wenigstens werden den Titel dem Zufall überlassen, indem sie ihn zusammenwürfeln. Der denkt sich etwas dabei, denn der Titel ist das Merkmal, das dem potenziellen Käufer – von der Covergestaltung abgesehen – als erstes ins Auge sticht.
Würde sich Die Rosenkranz-Mädchen wirklich schlechter verkaufen als Crucifix? Ist Toxic aussagekräftiger als Der Kuss der Schlange? Muss ein englischer Titel wie The Purification Ceremony im Deutschen wirklich mit einem anderen englischen Wort (Panic) „übersetzt“ werden?

Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass deutsche Titel aus Gründen der Vermarktung gewählt werden. Thomas Giffords Assassini beispielsweise hieß im Original The Assassini und war das Buch, mit dem er den Durchbruch auf dem internationalen Markt schaffte. Das Original wurde 1990 veröffentlicht, Lübbe bzw. Bastei-Lübbe brachte die deutsche Ausgabe 1994 auf den Markt. Nachdem Assassini ziemlich erfolgreich war, veröffentlichte Lübbe nach und nach auch die meisten seiner anderen Bücher, auch die älteren: In rotem Einband mit Ein-Wort-Titeln. Intrige wurde 2001 etwa 25 Jahre nach seinem Original The Cavanough Quest in Deutschland veröffentlicht.

Mir ist bewusst, dass ein Verlag unternehmerisch tätig ist und gewinnbringend agieren muss. Mal davon abgesehen, dass ich ohne die Verlage sowieso keine Bücher lesen könnte, sollte doch ein gewisses Maß an Respekt vor dem Werk des Autors vorhanden sein und zumindest versucht werden, einen adäquaten deutschen Titel zu finden. Mir tut es weh, wenn

Ich wüsste gerne, wie die Autoren zur Vergewaltigung der Buchtitel stehen, wenn dadurch der Charakter ihres Werkes verfälscht wird. Hinter Toxic hätte ich einen Bio-Thriller über Gentechnik und Viren im Stil von Robin Cook erwartet, während Crucifix eine Vatikan-Verschwörung erwarten lässt.

Leider ist das Übersetzungsproblem nicht nur auf die Literatur beschränkt, sondern kann auch bei Filmtitel beobachtet werden. Die englisch-englische „Übersetzung“ ist dort noch weiter verbreitet als in der Bücherwelt. So gesehen bin ich mit den Büchern doch noch gut bedient, oder?

Fairerweise muss ich noch erwähnen, dass sich die Fischerverlage bei Mark T. Sullivans 66095 einen netten Gag erlaubt haben: Der Buchtitel ist identisch mit der Buchnummer auf dem Buchrücken. 🙂