Catherine Webb – Lucifer – Träger des Lichts

Lucifer – Träger des Lichts ist schon ein gutes Jahr alt, aber ich bin jetzt erst darauf gestoßen. Es ist erste Buch von Catherine Webb, das die gesamte Mythologie der Menschheit aus einem neuen Blickwinkel betrachtet. Die Hauptfigur des Fantasy-Romans ist nämlich Lucifer bzw. Satan.

Der Krieg zwischen Himmel, Hölle und Erde hat gerade erst begonnen

Er nennt sich Sam. Er arbeitet als Teilzeit-Bibliothekar an einem Londoner College und als Übersetzer obskurer alter Texte. Doch daneben hat Sam Linnfer noch andere Namen und andere Identitäten. In Frankreich kennt man ihn als Luc Satise, in Deutschland als Sebastian Teufel und in der Hölle als Satan, Fürst der Finsternis. Außerdem ist er unsterblich und ein Sohn von Vater Zeit. Und sein wirklicher Name von einst ist Lucifer, Träger des Lichts. Er ist der, den wir als den Teufel kennen. Doch es gibt da einen kleinen, entscheidenden Unterschied.

Er ist der Gute, die anderen sind die Bösen.

Die junge Engländerin (sie wurde 1986 geboren) zeichnet eine Welt, in der trotz des recht normalen Alltags auch Dämonen, Feuertänzer, Elfen und andere Sagengestalten existieren. Dabei bedient sie sich bei so ziemlich allen Religionen, Mythen, Sagen und Legenden, die man finden kann. Freya, Chronos, Jehova, Thor, Buddha und Odin sind nur einige der Figuren, den man im Laufe des Romans begegnet.

Himmel und Hölle sind keine religiösen Konzepte, sondern real existierende Welten, die durch Weltenpfade verbunden sind, mit deren Hilfe die Ersten zwischen den Welten wechseln können. Die Ersten sind die Abkömmlinge von Chronos, der als Zeit über alles herrscht. Seine offiziellen Frauen sind die Höheren Mächte Liebe, Krieg, Weisheit, Nacht, Tag, Chaos, Ordnung und Glaube. Mit Magie hatte er eine nicht anerkannte Beziehung, aus der als Bastardsohn Lucifer entsprang.

Als Freya, Tochter der Liebe und ehemalige Geliebte von Lucifer / Sam, ermordet aufgefunden wird, macht sich Sam auf die Suche nach ihrem Mörder. Teilweise jagt er, teilweise wird er gejagt. Dabei kommt er – man verzeihe mir die reißerische Formulierung – einer Verschwörung auf die Spur, die das Ende der Welt, wie wir sie kennen, herbeiführen will.

Alle Wesen in diesem Buch werden sehr menschlich dargestellt. Oder sind eher wir wie sie?

Mit verschiedenen Rückblenden wird der Charakter Sams vertieft. Sam ist nämlich gar kein so übler Kerl. Im Gegenteil: Er ist sogar recht sympathisch und überhaupt nicht so, wie man ihm immer nachsagt. Seine Figur ist allerdings die einzige, die detailliert dargestellt wird. Alle anderen bleiben nur Skizzen. Natürlich gibt es ein paar Details, aber diese sind eher der Abstammung der Figur zu verdanken: So besitzt Jehova als Sohn von Glaube fanatische Zügen, Odin als Oberhaupt der Familie Walhallas hingegen ist ein Krieger. Trotzdem kommen sie über den Status des Nebendarstellers nicht hinaus. Vielleicht liegt es auch daran, dass außer Sam keine weitere Figur wirklich lange im Blickfeld verweilt.

So gesehen bietet das Buch nur Unterhaltung der Kategorie B-Movie, was auch an der Erzählweise liegen mag. Vielleicht aber wurde ich in letzter Zeit auch nur zu sehr von Heitz und Lukianenko verwöhnt. 😉
Witzig – und das muss honoriert werden – ist jedoch die Idee an sich, dass unsere Mythologien alle im Laufe der Zeit – durch die Überlieferungen oder bewusste Falschinformationen – nicht mehr der „tatsächlichen“ Historie entsprechen. Es gibt viele Anspielungen auf Nirvana, Eden, einen von Jehova unterstützten Messias, der ans Kreuz genagelt wurde, usw. Umgangssprachliche menschliche Floskeln werden auch von den Ersten benutzt, allerdings an den Kontext angepasst. Sam verwendet statt „Gott bewahre“ zum Beispiel „Zeit bewahre“.

Dank des Wortspiels in der englischen Beschreibung hatte ich beim Lesen ständig den Soundtrack der Rolling Stones im Hinterkopf:

In a war between Gods, where Earth is the battle ground and humans are expendable, you’ll need to have more than just sympathy for the Devil.

Wer auf Filme wie God’s Army, Dogma und Constantine steht, dem dürfte dieses Buch ebenfalls gefallen.

Ein kleiner Spoiler zum Abschluss: Das Romanende ist offen. Wer Sam nach der letzten Seite nicht hängen lassen will, kann ihn im zweiten und bislang letzten Teil Satan – Retter der Welt unterstützen.

Prädikat: Etwas seicht, aber trotzdem reizvoll.

Technische Daten:

Autor: Catherine Webb
Titel: Lucifer – Träger des Lichts
Originaltitel: Waywalkers
ISBN-13: 978-3404205646
Umfang: 334 Seiten